Wo KI ihre Grenzen hat¶
Bei all dem, was eine KI für das Projektmanagement und die Ressourcenplanung leisten kann, stellt sich die Frage: Kann eine KI, wenn sie z. B. Probleme in der Planung erkennt, diese nicht einfach selbst lösen, statt "nur" Vorschläge zu machen? Die ernüchternde Antwort: Bisher leider nicht, trotz aller Entwicklungen, die derzeit im Bereich der Künstlichen Intelligenz stattfinden.
Kaskadeneffekte und andere Katastrophen¶
Eine KI (oder ein einfacher Algorithmus) kann sehr wohl eine Konstellation von Arbeit und Menschen berechnen, die das Problem der Überlastung löst. Dies kann jedoch dazu führen, dass praktisch alle Projekte komplett neu geplant werden müssen, und dass, da wir hier von Computern sprechen, durchaus einmal pro Sekunde.
Die Verschiebung eines Arbeitspakets mit 5 zugewiesenen Ressourcen um einen Tag kann einen Kaskadeneffekt auslösen, der vielleicht 50 andere Projekte und Hunderte von geplanten Arbeiten anpasst. Dies mag in einem Projekt mit einer exklusiven Ressourcenmenge noch machbar sein. Spätestens bei einer projektübergreifenden Planung, wie z. B. der Urlaubsplanung, ist dies unmöglich.
Ein Beispiel:
Die KI könnte es als sinnvoll erachten, den Urlaub der Mitarbeitenden um drei Monate zu verschieben. Dies ist praxisfremd und würde sich sehr negativ auf die Akzeptanz der KI auswirken. Zudem verfügt eine KI oft nicht über alle Informationen, um eine Lösung zu finden. Projekte bestehen eben aus Terminen, Kosten und vor allem Qualität - also Inhalten. Eine KI kann nicht entscheiden, ob ein geplanter Vorgang mit etwas weniger Aufwand und akzeptablen Qualitätseinbußen genauso gut realisiert werden kann.
Menschliche Aspekte und andere Unbekannte¶
Eine gute Projektmanagement-KI kennt menschliche Verhaltensweisen, lernt deren Muster und kann sie bis zu einem gewissen Grad simulieren. Menschliche Lösungen für konkrete Probleme sind der Maschine jedoch noch fremd. Mitarbeitende zu motivieren und auf die wichtigen Aufgaben zu fokussieren, um das Ziel zu erreichen, ist für eine Software bisher schwierig bis unmöglich.
Die Projektleitung oder das Scrum Team müssen sich also selbst eine Lösung ausdenken - eine Software kann sie dabei aber stark unterstützen. Ob diese erdachte Lösung umsetzbar ist, unterliegt zwei primären, gleichwertigen Aspekten. Zum einen muss die Lösung fachlich, d. h. inhaltlich realistisch sein, gerade wenn der Aufwand einer Arbeit reduziert wird.
Zum anderen muss die Lösung an sich umsetzbar sein, d. h. löst es das Problem wirklich, wenn wir den Aufwand in einem Arbeitspaket um 30 % reduzieren oder das Arbeitspaket verschieben? Auch diese Bewertungsaufgabe kann eine KI übernehmen. Die anwendende Person gibt die Lösung einfach in die Software ein. Da alles in Echtzeit berechnet wird, sieht er sofort, ob das Problem gelöst ist, aber ein neues entstanden ist. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen menschlicher und maschineller Einschätzung, ein Vorgehen nach dem Prinzip "Versuch und Irrtum".
Echtzeit und andere Ungenauigkeiten¶
Wenn die Software in Echtzeit arbeitet, ist sie eine große Hilfe. Die Änderung wird dann einfach im Projektplan "ausprobiert". Wenn das Risiko verschwindet, ist alles in Ordnung und die Lösung kann funktionieren. Wenn nicht, muss eine alternative oder erweiterte Lösung entwickelt werden.
Echtzeitverarbeitung bedeutet aber auch, dass die Daten, die der Software zur Verfügung stehen, einigermaßen aktuell und realistisch sein müssen. Die Projektleitung hat nur wenige oder gar keine Möglichkeiten, Probleme zu erkennen und zu lösen, wenn das Team den tatsächlichen Arbeitsfortschritt erst am Ende des Monats in den Computer eingibt. Die Simulation einer KI basiert dann auf Daten, die nicht aktuell sind. Die Ergebnisse der Algorithmen und der KI sind daher auch nicht belastbar.
Unternehmen müssen daher großen Wert darauf legen, dass die Projektmitarbeitenden den Arbeitsfortschritt und die Arbeitsmenge möglichst täglich, mindestens aber wöchentlich aktualisieren. Nur dann kann die Projektleitung mit Hilfe der Software zukünftige Risiken antizipieren und präventiv handeln.
Interessanterweise sind die Mitarbeitenden, die am meisten überlastet und gestresst sind, auch diejenigen, die ihre Daten am wenigsten aktualisieren. Dies ist eine logische Wechselwirkung, die zu einer Endlosschleife von Problemen führt.
Der gleiche Zusammenhang lässt sich auch auf der Führungsebene beobachten. Die Projekte jener Projektleitenden, die ihre Pläne nicht pflegen oder die Risiken, die die Maschine aufdeckt, nach dem Prinzip Hoffnung einfach ignorieren, verursachen auch die meisten Probleme. Denn sie stören durch ihr Projektmissmanagement die anderen Projekte. Nicht selten sind es aber gerade diese Projektleitenden, die sich über die selbst verursachten Herausforderungen beklagen.