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Theorie "Motivation"

Die Beweggründe kennen

Motivation oder Demotivation ist unser ständiger Begleiter, ob bei der Arbeit oder im Privatleben. Sei es, dass wir die Schlummertaste des Weckers ignorieren und in die Turnschuhe springen, um zu joggen, oder dass wir die nervenaufreibende E-Mail am Freitagnachmittag beantworten und nicht bis Montag warten. In beiden Fällen haben wir unterschiedliche Beweggründe: Wenn Sie sich motivieren, morgens Sport zu treiben, ist Ihr Motiv zum Beispiel, dass Sie ausdauernder werden wollen, damit Sie nicht mehr außer Atem sind, wenn Sie Ihrem Kleinkind hinterherlaufen. Ihre Motivation kommt also von innen. Wenn Sie sich zwingen, eine E-Mail kurz vor dem Wochenende zu beantworten, anstatt dies am Montag zu tun, dann tun Sie es vielleicht, weil Sie vermeiden wollen, am Montag mit einem verärgerten Kunden konfrontiert zu werden. Ihr Motiv kommt also von außen.

Aber man kann diese Szenarien auch anders betrachten: Vielleicht treiben Sie Sport, weil Sie einen Wettbewerb gewinnen wollen. Die Motivation kommt in diesem Fall von außen. Und vielleicht schreiben Sie die E-Mail am Freitag, weil es sich gut anfühlt, wenn Sie alle Aufgaben der Woche erledigt haben und ein Wochenende vor sich haben, an dem Sie nicht mit schlechtem Gewissen an Ihre Arbeit denken müssen. Ihre Motivation in diesem Fall kommt von innen.

Wie Sie sehen, können sich die Motive nicht nur von Szenario zu Szenario unterscheiden, sondern auch von Person zu Person.

Kommen wir nun zurück zum agilen Projekt: So unterschiedlich wie die fachlichen Qualifikationen, sind auch die Motive der Mitarbeitenden. In einem agilen Projekt ist der Erfolg im Wesentlichen von einem funktionierenden Team abhängig, bei Scrum sind das bspw. die Developer, welche reibungslos miteinander kooperieren können müssen. Anreize sind eine Voraussetzung für zielorientierte und motivierte Teamarbeit. Die Teammitglieder müssen an das Projekt glauben und daran, dass ihre Beteiligung ihnen persönliche Vorteile bietet.

Diese Vorteile können zum Beispiel folgende sein:

  • Arbeitsplatzsicherheit, weil das Projekt dem Unternehmen hilft im Geschäft zu bleiben,
  • Wissensaufbau, weil Sie während des Projektes Neues lernen und Erfahrung sammeln,
  • beruflicher Aufstieg,
  • ein finanzieller Bonus,
  • ehrliches Lob
  • oder eine persönliche Anerkennung.

Meist arbeiten Teammitglieder an einem Projekt, weil sie es müssen, manchmal können Mitarbeitende aber auch selbst entscheiden, ob sie an einem Projekt mitarbeiten wollen. In beiden Fällen ist es am besten, wenn ein Teammitglied eine persönliche Befriedigung oder einen persönlichen Nutzen aus dem Erfolg eines Projektes ziehen kann. Wenn das Mitglied selbst die Entscheidung trifft, im Team mitzuarbeiten, ist es wahrscheinlicher, dass dieser persönliche Nutzen entsteht, aber auch wenn ein Mitarbeiter an dem Projekt mitarbeiten muss, kann er persönliche Befriedigung daraus ziehen. Motive können sein, dass das Teammitglied merkt, dass seine Leistung durch die neue - wenn auch ungewollte - Herausforderung steigt, dass es merkt, welchen Einfluss es mit seiner Arbeit auf das Projektergebnis hat oder dass es Teil eines hervorragenden Teams ist.

Teammitglieder motivieren

Die Meinungen über die wirklich motivierende Wirkung von Anreizen durch das Management gehen auseinander. Es wird bezweifelt, dass Anreizsysteme wie bspw. Boni, die Einstellung der Mitarbeitenden zu ihrer Arbeit nachhaltig positiv beeinflussen. Dementsprechend können ausgeklügelte Motivationstechniken dazu führen, dass die Anreize immer weiter erhöht werden müssen, um motivierend auf die Mitarbeitenden zu wirken. Weitere mögliche Nebeneffekte individueller Anreize sind zwischenmenschliche Probleme wie Missgunst oder Neid. Idealerweise sollten die Mitarbeitenden persönlich motiviert sein und dieser Prozess sollte gefördert werden.

Im Scrum ist der Scrum Master gefragt. Da er keinen disziplinarischen Einfluss auf die Developer hat, stehen ihm weitestgehend nur positive Motivatoren zur Verfügung. Grundsätzlich sind für negativ wirkende Motivatoren (Drohungen, Abmahnungen, etc.) nur die Linienvorgesetzten in der Verantwortung.

Um verschiedene Motivatoren für die Projektbeteiligten zu identifizieren, kann eine Motivationsmatrix herangezogen werden. Allgemein gibt es intrinsische und extrinsische Einflussfaktoren auf Menschen, welche wiederum positiver oder negativer Natur sein können.

Doch was genau ist der Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation? Oben haben Sie anhand der Beispiele schon erfahren, dass Motivation von innen heraus (= intrinsisch) oder von außen (=extrinsisch) kommen kann.

Wenn man intrinsisch motiviert ist, dann tut man etwas seiner selbst willen. Die Neugierde wird befriedigt, man lernt etwas Neues oder man stellt sich eine Herausforderung. Ganz banal: Man tut etwas, weil es Freude bereitet. Extrinsische Motivation entsteht durch äußere Einflüsse. Man tut etwas, weil man auf eine Belohnung hofft oder eine Bestrafung fürchtet.

Titel: Abb. 17.1: Intrinsische und extrinsische Motivation.

Motivation agiler Teams

Die Arbeit in agilen Teams kann besonders motivierend sein, weil Teams, die agil arbeiten, in der Regel auch selbstorganisiert arbeiten (sollten). Durch selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Arbeiten werden die vom Team erzielten Erfolge zu persönlichen Erfolgen. Das schafft ein positives Gefühl bei den Teammitgliedern. Mit der Selbstorganisation und dem persönlichen Erfolg geht die Selbstmotivation einher. Mit dem Erfolgserlebnis steigt die positive Einstellung zur Arbeit und es entsteht ein Anreiz, am Ball zu bleiben. Das Ziel eines Scrum Masters oder eines Projektmanagers (bei der Anwendung von Kanban oder XP) sollte es sein, die Selbstmotivation so hoch wie möglich zu halten, denn Selbstmotivation ist wertvoller als Motivation durch andere. Das bedeutet aber nicht nur, dass man das Team einfach machen lässt, sondern dass man Feedback gibt, an den notwendigen Stellen Hilfestellung leistet und mit Rat zur Seite steht, wenn dies gewünscht wird. Wenn die Motivation doch mal schwindet, dann sollten die Vorteile des Projektes hervorgehoben werden. Darüber hinaus sollte die Wertschätzung nicht vernachlässigt werden. Dazu gehört nicht nur die Wertschätzung für die geleistete Arbeit, sondern auch für die Zeit der Teammitglieder. Jeder sollte sich bewusst sein, dass die Teammitglieder nicht nur für das Projekt leben, sondern auch ein Privatleben haben, das nicht unter dem Projekt leiden sollte. Wie Sie bereits gelernt haben, gibt es dafür sogar einen eigenen Punkt im Extreme Programming unter Team-Techniken: Überstunden sollten vermieden oder rechtzeitig abgebaut werden.

Motivation spielt nicht nur im Projektteam bzw. im Team der Developer eine wichtige Rolle

Auch der Scrum Master oder der Projektmanager sollte nicht demotiviert sein. Sind Sie Scrum Master oder Projektleiter bei einem agilen Projekt? Dann sollten Sie mit der Selbstmotivation bei sich anfangen. Wenn Sie selbst demotiviert sind - z. B. weil Sie den Nutzen des Projektes nicht sehen, viele Überstunden machen müssen und keine Anerkennung bekommen, dann können Sie nicht erwarten, dass es dem Rest des Teams anders geht.

Motivationstheorien

Da Motivation in vielen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle spielt, gibt es viele Theorien zu diesem Thema. Die wohl bekannteste Theorie ist die Maslowsche Bedürfnispyramide, die wir Ihnen hier vorstellen möchten. Darüber hinaus geben wir Ihnen auch einen Einblick in die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg. Beide Theorien werden hier nur in Bezug auf die Arbeit im Allgemeinen und nicht auf Projekte im Besonderen beschrieben, da die Erfüllung der einzelnen Bedürfnisstufen in der Maslowschen Bedürfnispyramide und die Ausprägung der Faktoren in der Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg stark vom Projektkontext, dem Umfeld und auch der Projektkultur abhängen.

An dieser Stelle wollen wir betonen, dass viele der gewonnen Erkenntnisse durch diese Theorien nur methodisch sind und sich der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung nicht empirisch halten lässt.

Maslowsche Bedürfnispyramide

Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow bietet einen bedürfnisorientierten Rahmen für die menschliche Motivation. Sie zeigt, dass die unteren Bedürfnisse - zu denen auch die finanzielle Sicherheit gehört - Grundbedürfnisse sind. Nur wenn diese Bedürfnisse erfüllt sind, können die Bedürfnisse auf der nächsten Ebene befriedigt werden.

Maslowsche Bedürfnispyramide im internationalen Kontext

Die Stufen sind kulturunabhängig, nur die Reihenfolge kann in manchen Kulturen unterschiedlich sein. In diesem Unterkapitel beziehen wir uns auf die gängigste Struktur der Bedürfnispyramide.

Die Maslowsche Bedürfnispyramide ist in fünf Stufen unterteilt. Vier davon sind sogenannte Mangelbedürfnisse und eines ist ein Wachstumsbedürfnis. Am unteren Ende stehen die physiologischen Bedürfnisse. In der Arbeitswelt gehören dazu beispielsweise Tageslicht und die Möglichkeit, Hunger und Durst zu stillen. Auf der zweiten Ebene stehen die Sicherheitsbedürfnisse. Dazu gehören z. B. ein unbefristeter Arbeitsvertrag und die Sicherheit der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Daran schließen sich die sozialen Bedürfnisse an: Menschen fühlen sich wohler, wenn sie das Gefühl haben, einer sozialen Gruppe anzugehören. Im Arbeitsumfeld ist es daher wichtig, ein gutes Arbeitsklima zu fördern und das Teamgefühl zu stärken. Das vorletzte Bedürfnis ist das Individualbedürfnis, bzw. die soziale Anerkennung, welche beschreibt, dass Menschen durch Anerkennung und Wertschätzung motiviert werden, die beispielsweise in Form von Prämien oder Lob erfolgen kann. An der Spitze der Pyramide steht die Selbstverwirklichung. Im Gegensatz zu den anderen vier Bedürfnissen ist dieses Bedürfnis ein Wachstumsbedürfnis. Das bedeutet, dass sich dieses Bedürfnis ändern bzw. weiterentwickeln kann, sobald der gewünschte Zustand erreicht ist. Die anderen vier Bedürfnisse sind dagegen Mangelbedürfnisse, was bedeutet, dass es einen Mangel gibt, welcher beseitigt werden soll. Wenn dieser Mangel beseitigt oder das Bedürfnis befriedigt ist, wenden sich die Menschen höheren Bedürfnissen zu.

Titel: Abb. 17.2: Maslowsche Bedürfnispyramide.

Die Zwei-Faktor-Theorie nach Herzberg

Die Zwei-Faktor-Theorie wurde von Frederick Herzberg entwickelt und stellt eine Theorie zur Arbeitsmotivation dar. Diese Art der Motivation ist ein besonderer Faktor bei der Leistung und Qualität der Arbeit. Die Arbeitsmotivation wird durch die sogenannten Motivatoren beeinflusst und kommen vor allem aus dem Arbeitsinhalt. Diese stellen alle Tätigkeiten dar, die zur Ausführung einer Aufgabe benötigt werden. Dazu zählt zum Beispiel wie monoton oder abwechslungsreich eine Aufgabe ist oder wie viel Verantwortung man hat. Motivatoren verändern also die Zufriedenheit, sorgen aber nicht automatisch für Unzufriedenheit.

Neben den Motivatoren gibt es aber auch noch den zweiten Faktor, den sogenannten Hygienefaktor, welcher auf den Kontext der Arbeit abzielt. Dazu zählen das Gehalt, der Führungsstil, aber auch die zwischenmenschliche Beziehung zwischen den Mitarbeitenden. Bei positiver Ausprägung kann dieser Faktor die Entstehung von Unzufriedenheit verhindern, aber niemals Zufriedenheit erzeugen.

Dabei stellen diese beiden Faktoren zwei unabhängige Eigenschaften dar. Aus der Sicht der Hygiene gibt es unzufrieden bis hin zu nicht unzufrieden, bei den Motivatoren nicht zufrieden bis hin zu zufrieden. Beide Ausprägungen müssen vorhanden sein, um für die Arbeitszufriedenheit zu sorgen. Darunter versteht man die positive Einstellung einer Person im Bezug zur Arbeit. Zufriedenheit besteht also nicht, wenn es keine Gründe für Unzufriedenheit gibt.

Durch die Kombination der beiden Faktoren kann es unter anderem zu einer idealen Situation kommen, in der die Mitarbeitenden hoch motiviert sind und möglichst wenig Beschwerden haben. Wenn der Hygiene- und der Motivationsfaktor hingegen gering sind, ist das die schlechteste Situation. Das führt zu unmotivierten Mitarbeitenden mit vielen Beschwerden.

Motivationsprobleme

Selbst in Organisationen, die Anreizsysteme einsetzen, gibt es häufig Mitarbeitende, die sich nicht an Leistungsfaktoren und Ziele halten. Das liegt daran, dass diese Organisationen zwar die Bedeutung der Motivation erkannt haben, aber bei der Umsetzung solcher Maßnahmen inkonsequent sind. Eine Prämie, die nach Abzug der Steuern auf der Gehaltsabrechnung fast vollständig verschwindet, motiviert einen Mitarbeiter nicht, seine Arbeitsabläufe zu optimieren. Und wer auf dem Papier seine Arbeitszeit selbst bestimmen kann, in der Praxis aber die Kernzeit im Büro verbringen muss, wird sich nicht auf die Entwicklung neuer Produkte konzentrieren, sondern darüber schimpfen, dass er jeden Abend im Berufsverkehr festsitzt.

Die Unternehmen zögern noch immer, echte Veränderungen einzuführen, weil sie befürchten, dass dadurch Machtstrukturen und Hierarchien in Frage gestellt werden. Die Anwendung von agilem Projektmanagement kann und sollte aber bereits zu einem ersten Umdenken führen, das dann auch zu Veränderungen in den Strukturen des Unternehmens oder zumindest zu Veränderungen im Mindset der Verantwortlichen im Unternehmen führen kann.