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Kapitel 7 - Erstellung des Phasenmodells: Teil 2

Vorgehensmodell

In den letzten Jahrzehnten wurden eine Vielzahl von Vorgehensmodellen entwickelt, welche Projektmanager nutzen können. Es gibt unternehmens- und branchenspezifische Varianten (z. B. Phasen- / Prozessmodelle, Stage-Gate-Modelle), die jeweils für einen bestimmten Projekttyp (z. B. IT-Projekte, Projekte im Anlagenbau) Verwendung finden können. Es gibt aber auch allgemeine Vorgehensmodelle (z. B. PRINCE2), die an den jeweiligen Projekttyp angepasst werden können.

Grundsätzlich kann ein Vorgehensmodell folgende Bestandteile enthalten:

  • Projektphasen
  • Aktivitäten
  • Meilensteine
  • Meilensteinergebnisse

Die Vorteile von Vorgehensmodellen sind unter anderem:

  • Kontrollierbare Komplexität durch strukturiertes Vorgehen.
  • Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses in der Organisation.
  • Unterstützung und Hilfestellung für den Projektleiter (bspw. bei der Definition, Erstellung und Kontrolle von Zwischenergebnissen).
  • Risikominimierung (durch definierte Haltepunkte).
  • Transparenz für den Controller und zentrales Qualitätsmanagementtool.
  • Fehlererkennung und Mängelbeseitigung (da die nächste Phase erst nach dem Review beginnen kann).
  • Zwischenergebnisse geben den Projektmitarbeitern Orientierung und helfen bei einer zügigen Integration in das Projekt.
  • Vorgehen in sequentiellen Phasen folgt dem Verhalten des Menschen beim Lösen komplexer Aufgaben.

Es gibt allerdings auch Kritik an Vorgehensmodellen:

  • Durch Vorgehensmodelle wird das Projekt bürokratisiert.
  • Es werden ggf. überflüssige Dokumente erzeugt.
  • Es lässt nur eine streng sequenzielle Vorgehensweise zu.

Für die Durchführung von Projekten gibt es zwei verschiedene Ansätze. Das evolutionäre Modell basiert auf stufenweisen Erweiterungen (Versionierung) und wird häufig in der Softwareentwicklung eingesetzt. Das inkrementelle Modell hingegen legt die Anforderungen zu Beginn eines Projekts fest und bricht diese in handhabbare Aufgaben herunter.

Phasenplan

Eine einfache, aber effektive Möglichkeit, das Projektbudget und den Zeitrahmen zu veranschlagen, ist die Erstellung eines Phasenplans. Dieses Vorgehensmodell unterteilt ein Projekt in einzelne Phasen, d. h. in überschaubare, sachlich oder inhaltlich abgrenzbare Zeitabschnitte. Jede Phase beginnt und endet mit einem Meilenstein oder einem anderen messbaren Ereignis. Eine neue Phase kann erst beginnen, wenn die vorhergehende Phase abgeschlossen ist.

Dazu empfiehlt es sich, das Phasenmodell in einem Workshop mit dem Team zu erstellen, vielleicht ist ein Standard-Phasenmodell hier hilfreich. Als Orientierungshilfe für die Benennung der Phasen ist nachfolgend ein Beispiel für jeden Projekttyp angegeben:

Beispiel-Phasenmodelle für bestimmte Projekttypen (Investitionsprojekt, Organisationsprojekt und Forschungs-/Entwicklungsprojekt)

Sobald die einzelnen Phasen definiert wurden, wird im nächsten Schritt der Zeit- und Kostenaufwand für die einzelnen Phasen geschätzt. Hier bietet eine Schätzung im Team etliche Vorteile, z. B. die Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsbasis, das Aufdecken möglichst vieler versteckter Prämissen und Beschränkungen des Projekts oder aber eine frühzeitige Einschätzung der Gesamtprojektkosten.

Es gibt dabei zwei unterschiedliche Ansätze.

  • Bottom-up: Zu Beginn werden die Werte für jede Phase separat geschätzt und später addiert.
  • Top-down: Beginnend mit 100 % (entspricht dem maximal möglichen Kosten / oder Zeitwert) wird jede Phase ins Verhältnis zu den jeweils anderen Phasen gesetzt. Dann wird geschätzt, wie viel (in %) jede Phase zum Gesamtprojekt beiträgt.

Unabhängig davon, welcher Ansatz gewählt wird, gibt es einige Punkte, die während des Schätzverfahrens berücksichtigt werden sollten:

  • Frühere Erfahrungen und theoretisches Wissen des Projektleiters oder des Projektteams sollten genutzt werden, um von diesen Erfahrungen und diesem Wissen zu profitieren.
  • Wissen, das in Datenbanken gespeichert ist, sollte genutzt werden (dazu ist es wichtig, die Datenbanken auch während des Projekts mit Wissen zu füllen und Lessons Learned Sessions durchzuführen, damit das Wissen für zukünftige Projekte erhalten bleibt, auch wenn man selbst nicht mehr im Unternehmen tätig ist).
  • Experten auf ihrem Gebiet sollten unabhängig voneinander schätzen, damit sie sich nicht gegenseitig beeinflussen.

Dann wird alles zusammen in einer Tabelle notiert:

Tabellarische Darstellung eines Phasenmodells für die phasenbezogene Kosten- und Zeitschätzung, einschließlich einer ersten Meilensteinplanung (= Phasenergebnisse).

Anmerkung

Das Phasenmodell kann nicht nur in Tabellenform dargestellt werden, sondern auch in Form eines Diagramms, das den Zeit- und Kostenbedarf pro Phase visualisiert.

Grafische Darstellung eines Phasenmodells für die phasenbezogene Kosten- und Zeitschätzung, einschließlich einer ersten Meilensteinplanung (= Phasenergebnisse).

Standardphase in einem Projekt

1. Startphase / Planungsphase
In dieser Phase wird die Entscheidung für oder gegen ein Projekt getroffen. Es wird untersucht, worum es bei dem Projekt geht und warum es wichtig ist. In dieser Phase werden der Projektplan und die Projektziele festgelegt, die Projektorganisation aufgebaut und eine erste Risikoanalyse durchgeführt.

2. Antragsphase / Vorschlagsphase
Die zweite Phase betrifft den Antrag für das Projekt. Hier wird das Projekt dem Auftraggeber vorgeschlagen und ein Vertrag abgeschlossen. Projektziele, Ergebnisse und Liefergegenstände werden weiter spezifiziert, Erfolgsfaktoren identifiziert, das Projektteam zusammengestellt und die Inhalte mit den relevanten Stakeholdern abgestimmt. Bei Bedarf wird ein Lenkungsausschuss eingerichtet.

3. Entwicklungsphase
In dieser Phase wird das Projekt durchgängig beplant. Erste Aufgaben, Termine, Kosten, Kapazitäten, Ergebnisse und Meilensteine werden bestimmt und in einem Phasenmodell oder in einem Projektstrukturplan festgehalten. Beschaffungsvorgänge, Verträge, Berichte und Kommunikationsstrukturen werden aufgesetzt und die Projektrisiken werden analysiert. Es ist wichtig, dass der ursprüngliche Plan während der Projektlaufzeit ständig aktualisiert und abgestimmt wird.

4. Ausführungsphase / Produktions- und Betriebsphase
Die Aktivitäten zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen werden laufend koordiniert. Arbeitspakete werden freigegeben, die Ausführung wird überwacht und die Ergebnisse (Termine, Kosten und Leistung) werden ständig überprüft. Wichtig ist, dass ein reibungsloser Informationsaustausch zwischen allen relevanten Akteuren stattfindet. Weicht die Umsetzung (Ist-Zustand) vom Plan (Soll-Zustand) ab, muss entsprechend gesteuert werden: Prioritäten ändern sich, der Plan wird angepasst oder Ressourcen werden umgeschichtet. Halten Sie die Stakeholder regelmäßig auf dem Laufenden.

5. Überarbeitungsphase / Nachbearbeitungsphase (= Projektabschluss)
Schließlich wird das Projekt vom Kunden abgenommen, wenn die Ergebnisse und Liefergegenstände sowie deren Qualität den Erwartungen entsprechen. Der Projektleiter prüft die Rentabilität, dokumentiert die Ergebnisse, beendet Verträge und stellt sicher, dass die Erfahrungen für zukünftige Projekte genutzt werden können. Am Ende wird das Projektteam aufgelöst.

Meilensteine

Meilensteine sind keine Tätigkeiten, die mit einer Dauer hinterlegt sind, sondern Ereignisse von besonderer Bedeutung. Sie stehen meist am Anfang oder am Ende einer Phase, können aber auch innerhalb einer Phase gesetzt werden. Ihnen werden nicht nur Soll- und Ist-Termine, sondern auch geplante und tatsächlich angefallene Kosten sowie angestrebte Meilenstein-Ergebnisse (= Produkte) zugeordnet. Ein Meilenstein steht für ein definiertes Ergebnis (= Meilensteininhalt), verbunden mit einem Fertigstellungstermin (= Meilensteintermin).

Liegt ein Meilenstein an einem Phasenübergang, kann je nach Qualität bzw. Bewertung der Phasenergebnisse über die Freigabe der nächsten Phase, die Wiederholung von Phasen oder den Abbruch des Projekts entschieden werden.

Info

Durch Erstellung eines Meilensteinplanes, welcher den zeitlichen Ablauf von Zwischenergebnissen überprüft und indem Audits, Reviews bzw. Assessments eingesetzt werden, in welchen die Ergebnisse am Ende jeder Phase überprüft und bewertet werden, lassen sich auch Prozessmodelle dem Qualitätsmanagement unterziehen.